Quereinsteiger

Quereinstieg

Sie wollen wechseln?

... und zwar nicht nur den Arbeitgeber, sondern vielleicht sogar die Branche?

Gerade heute, wo viele Stellen befristet oder gefährdet sind, liegt der Gedanke an eine vollständige berufliche Umorientierung nahe. Ob es der richtige Weg ist, sein "Hobby zum Beruf machen", sei dahingestellt, doch ein Quereinstieg kann Ihre Chance sein. Allerdings sollten Sie hierzu noch sorgfältiger arbeiten als bei einer "herkömmlichen" Bewerbung und Ihre Vorstellungen und Pläne auf Herz und Nieren prüfen.

Zunächst sollten Sie genau wissen, was Sie wollen, denn wenn man sich in die Idee verrennt, sein Hobby zum Beruf machen zu wollen (und dann zwar einen Beruf, aber kein Hobby mehr zu haben) oder Klischee- und Wunschvorstellungen hinterherhechelt, kann man sich schnell "verlaufen". Mit Klischee- oder Wunschvorstellung ist alles gemeint, was man sich nur "zusammenreimt", aber nicht weiß. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Beruf des Lektors, von dem viele denken, dass man den ganzen Tag liest und Manuskripte wälzt – dass die Realität dieses Berufs anders aussieht, ist den wenigsten bewusst. Prüfen Sie also genau, ob Sie nur einer Wunschvorstellung nachjagen oder ob Sie wirklich wechseln wollen.

Konkrete Vorstellungen

Bevor Sie in eine andere Branche oder einen neuen Beruf wechseln, sollten Sie sich folgende Fragen beantworten (möglichst schriftlich):

  • Was will ich konkret machen?
  • Wie stelle ich mir die Arbeit in der Branche bzw. dem Beruf vor?
  • Wieso will ich mich beruflich verändern?
  • Woher stammt mein Wissen über die angestrebte Branche bzw. den Beruf?
  • Welches Wissen fehlt mir noch?
  • Gibt es Hindernisse und wenn ja, welche? Habe ich "Angst" vor diesem Schritt?

Vorstellungen prüfen, Informationen einholen, Defizite ausgleichen

Auf der Basis dieser Überlegungen und Aufzeichnungen können Sie nun systematisch vorgehen. Besorgen Sie sich zuverlässige Informationen: Welche Berufsbilder gibt es genau? Welche Kompetenzen sind wesentlich, welche von Vorteil? Ist der Quereinstieg prinzipiell möglich, welche Ausbildung ist regulär erforderlich, brauchen Sie eine Zusatzausbildung? Solche Informationen erhalten Sie beispielsweise bei Berufs- und Branchenverbänden oder von Leuten, die bereits in der Branche oder dem Beruf arbeiten. Behalten Sie dabei aber im Hinterkopf, dass dies subjektive Erfahrungen einer Person sein können. Ein deutlicheres Bild vom Arbeitsalltag verschaffen Sie sich, wenn Sie einen Tag zur Probe arbeiten oder ein Praktikum machen. Diese "Praxiserfahrung" lässt sich evtl. auch in Hinblick auf eine Bewerbung verwerten.

Gilt Ihr Interesse einem Beruf, der eine formelle Ausbildung voraussetzt, sollten Sie darüber Informationen einholen (Inhalte, Umfang, Dauer, Kosten, können Sie die Ausbildung nachholen, ist dies mit Ihrem jetzigen Leben vereinbar, wen außer Ihnen beträfe dies?).
Sollten Sie feststellen, dass die Realisierung Ihres Wunsches zu aufwendig ist, sollten Sie einen "Plan B" entwickeln: Welche verwandten Berufe gibt es, die Ihnen die Möglichkeit geben, mit der Materie zu tun zu haben?

Ihre Motivation

Für Quereinsteiger ist es schwieriger, Personalentscheider dazu zu bringen, dass diese ihre Bewerbung überhaupt zur Kenntnis nehmen. Denn eine Bewerbung, die fachlich nicht passt, geht im Bewerbungsstapel unter, wenn sie nicht auf besondere Art die Neugier des Personalers weckt oder Überzeugungsarbeit leistet. Schließlich sucht dieser zunächst einen Mitarbeiter, der fachlich qualifiziert ist und zum Unternehmen passt.

Sie sollten dem Personaler also in Ihrer Bewerbung schlüssige Antworten auf folgende Fragen geben:

  • Warum wollen Sie Ihr derzeitiges Berufsumfeld verlassen?
  • Warum der Einstieg in ausgerechnet diesen Beruf bzw. diese Branche?
  • Was reizt Sie so daran?
  • Wieso halten Sie sich für qualifiziert?
  • Welche Kompetenzen bringen Sie mit, die in der neuen Stelle vorteilhaft sind?
  • Wo liegt der Nutzen für das Unternehmen, wenn es einen Quereinsteiger einstellt?

Wenn Sie dabei bemerken, dass Ihnen entscheidende Qualifikationen fehlen, sollten Sie einen "Schlachtplan" entwickeln, wie Sie dieses Manko aufholen wollen.

Sie kriegen das Fracksausen?

Seien Sie ehrlich, Ihnen kommen Zweifel? Kann ich das wirklich? Will ich mich überhaupt völlig neu einarbeiten? Muss ich womöglich aufhören, weil ich es doch nicht schaffe?

 

Seien Sie sich darüber im Klaren, dass zwischen Wunsch und Ausführung Welten klaffen. Dabei ist Ihre Angst, das Bekannte hinter sich zu lassen, völlig normal. Schließlich hat man das Gefühl, seine Sicherheit hinter sich zu lassen (falls Sie wirklich "nur" wechseln wollen und nicht müssen) bzw. die Kontrolle ein stückweit zu verlieren. Solange Sie diese Unsicherheit lediglich als Anlass sehen, Ihre Pläne genau zu prüfen, entwickelt sie sich nicht zum Stolperstein, sondern zu einem "Probelauf" für Ihre Präsentation.

Bewerbung als Quereinsteiger

Weil Personaler Quereinsteigern in der Regel skeptisch gegenüberstehen, sollte Ihre Devise im Anschreiben lauten: Angriff ist die beste Verteidigung. Als Basis des Anschreibens können Ihre Antworten auf die obigen Fragen nach Ihrer Motivation dienen. Denn "normale" Bewerbungen kommen für Quereinsteiger kaum infrage, da man sonst in der Flut der besser qualifizierten Fachkräfte untergeht. Wie können Sie sich von denen abheben und die Neugier des Personalers wecken?

Indem Sie mehr wissen – mehr als Ihre Mitbewerber, evtl. aber auch mehr als Ihr potentieller Chef (Vorsicht, das darf nicht überheblich wirken!). Weil Sie bei Ihrer Neuorientierung ohnehin viele Informationen beschaffen müssen, können Sie mit diesem Wissen punkten. Holen Sie im Internet, in (Fach-)Zeitschriften oder bei Berufs- und Branchenverbänden systematisch Informationen ein, welche Unternehmen in diesem Markt tätig sind, wie hoch deren potentieller Einstellungsbedarf ist etc. Stoßen Sie zufällig auf Interessantes, halten Sie die wichtigsten Fakten in einer Mappe fest. Oft entpuppen sich Verwandte, Freunde, Bekannte, etc. als gute Informationsquellen.

Sollten Sie einen Ansprechpartner in Ihrem Wunschberuf ausfindig gemacht haben, ist der Griff zum Telefonhörer gefragt: Schildern Sie ihm Ihre Situation und Ihr Anliegen. Fragen Sie, ob er Ihnen Informationen über Jobperspektiven geben kann. Versuchen Sie außerdem, solche Kontakte zu pflegen und nicht in Vergessenheit zu geraten.

Schaffen Sie es, sich neben Ihrem derzeitigen Beruf fachlich weiterzubilden, zeugt dies von Engagement und Initiative. Weil eine Weiterbildung aber keinesfalls Ihr einziges "Verkaufsargument" für Ihre Arbeitskraft sein darf, sollten Sie gezielt auch Ihre vorhandenen Qualifikationen vermarkten. Zu Ihren Kompetenzen sollten vor allen Dingen auch Geduld und Flexibilität zählen. Denn als Quereinsteiger sind Ihre Chancen realistisch betrachtet geringer. Doch vielleicht können Sie ja zunächst mit Ihrem Beruf in die gewünschte Branche "umziehen" und dann von dort aus weitersuchen.

Möglicherweise bietet gerade Quereinsteigern die bei Personalern häufig unbeliebte "Dritte Seite" eine Möglichkeit, Ihre Motivation und Qualifikationen besonders hervorzuheben – aber Achtung: Überlegen Sie sich dies gut und fallen Sie nicht negativ auf!

Auch für Quereinsteiger kann eine Initiativbewerbung sinnvoll sein, wenn Sie bei Ihrem Gegenüber genau den "Nerv treffen". Überlegen Sie sich, welche Stelle das Unternehmen dringend besetzen müsste – möglichst mit Ihnen. Haben Sie eine genaue "Stellenausschreibung" hierfür, bewerben Sie sich darauf und betonen Sie Ihre besonderen Qualifikationen. Behalten Sie immer im Hinterkopf, dass Einstellungen für Unternehmen einen finanziellen Aspekt beinhalten: Eine Fehlbesetzung ist teuer und diese Gefahr scheint dem Personaler bei Quereinsteigern höher.

Branchenspezifische Chancen für Quereinsteiger

Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten haben es Quereinsteiger schwerer. In letzter Zeit haben zeigt sich aber in bestimmten Märkten ein Trend, auch Quereinsteiger einzustellen. Dies trifft beispielsweise auf Berufsschullehrer und mit Einschränkungen auf die Finanzwirtschaft (hier v. a. für Leute, die einen technischen Hintergrund haben) zu.